Seit der Corona-Pandemie werden asiatisch gelesene Menschen im Zusammenhang mit dem Coronavirus angefeindet. Aber auch die Antidiskriminierungsstelle des Bundes berichtete über die drastische Zunahme der Beratungsanfragen zu Diskriminierungen im Zusammenhang mit dem Corona-Virus.
Beim Projekt „Abstand halten! Vorurteile meiden!“ (gefördert von der Partnerschaft für Demokratie Charlottenburg-Wilmersdorf) handelt es sich um eine Pilot-Untersuchung zur Bestandaufnahme von Diskriminierungserfahrungen im Hinblick auf intersektionale Aspekte in der Corona-Zeit.
Ziel des Projekts ist es, herauszufinden, wie betroffene Menschen mit unterschiedlichen Merkmalen in der Corona-Pandemie mit Vorurteilen und Diskriminierung konfrontiert sind und wie sie damit umgehen.
Es wurde eine Online-Umfrage vom 07. bis 22. Dezember 2020 in 7 Sprachen durchgeführt. Insgesamt haben 88 Berliner*innen als Personen, die in der Corona-Zeit von Diskriminierung betroffen sind, an der Umfrage teilgenommen. Davon waren 83% asiatisch gelesene Menschen. 78% der Befragten weiblich und 21% männlich. Der Anteil diverser Menschen war 1%.
Bei der Frage nach kulturellen Wurzeln haben 93% der Befragten sich selbst als „nicht-deutsch“ bezeichnet. Davon waren 75% Migranten der ersten Generation.
Die meisten Befragten (70%) sind seit weniger als 10 Jahren in Deutschland, wobei sich 44% der Befragten in Deutschland seit weniger als 5 Jahren aufhalten.
69% der Befragten gaben an, dass sie seit der Pandemie mit mehr Diskriminierungserfahrungen als zuvor konfrontiert sind. Außerdem haben 70% angegeben, auch vor der Corona-Pandemie Diskriminierung erlebt zu haben. Die letztere Anzahl an Befragten stimmt mit dem Ergebnis einer anderen Umfrage von GePGeMi aus dem Jahr 2019 überein, an der 502 asiatisch gelesene Menschen aus ganz Deutschland teilgenommen haben (79% hatten von Diskriminierungserfahrungen berichtet).
Am häufigsten wird von Diskriminierungserfahrungen in den Lebensbereichen „Öffentlichkeit und Freizeit“ (72%), „Private Dienstleistungen“ (52%), und „Medien und Internet“ (30%) berichtet. Im Vergleich dazu haben die Befragten bei der Polizei oder Justiz (2%), im Wohnungsbereich (8%) oder bei Behörden (11%) seltener Diskriminierungserfahrungen gemacht. Auffällig ist, dass bei der letzten Umfrage von GePGeMi vor zwei Jahren knapp 50% der Befragten über Diskriminierungserfahrungen bei Ämtern und Behörden berichtet haben, d.h. die Diskriminierungserfahrungen bei Behörden sind in der Corona-Zeit zurückgegangen.
Am häufigsten wurden die Befragten auf der Straße (78%) und in öffentlichen Verkehrsmitteln (54%) diskriminiert. Anschließend gaben die meisten Befragten an, dass sie dabei Mikroaggressionen (76%) erlebt haben. Auf die Frage nach dem Grund waren 90% der Befragten der Meinung, dass die Diskriminierung rassistisch motiviert war- also Alltagsrassismus. Diese Tendenz (hoher Anteil an rassistisch motivierter Mikroaggression) ist in allen befragten Lebensbereichen zu beobachten.
Lediglich 21% haben versucht, die Diskriminierung öffentlich zu machen (56% über soziale Medien, 22% durch Anfragen bei aktiven Vereinen, 17% durch Aufsuchen einer Beratungsstelle, 11% bei der Polizei, 6% beim Berliner Register). Interessant ist, dass sich nur 6% beim Berliner Register zur Erfassung rechtsextremer und diskriminierender Vorfälle in Berlin gemeldet haben, d.h. es kann viel mehr Vorfälle geben, die beim Berliner Register gar nicht erfasst werden.
Außerdem haben 88% der Befragten kein Unterstützungsangebot in Anspruch genommen. Sie haben kein Unterstützungsangebot in Anspruch genommen, weil sie nicht glauben, dass ihnen geholfen werden kann. 40% der Befragten haben angegeben, dass sie nicht wussten, welche Angebote es überhaupt gibt.
Es gibt nicht ausreichend Angebote für ein Empowerment und Schutzräume, die die Betroffenen in Anspruch nehmen können. Deswegen sollten mehr Möglichkeiten für Empowermentangebote und Schutzräume geschaffen werden.
Die Öffentlichkeitsarbeit für Unterstützungsangebote soll verbessert und gestärkt werden, damit die Betroffenen sich mehr angesprochen fühlen. Dafür ist es notwendig, niederschwellige Unterstützungsangebote oder mehrsprachige Informationen zur Verfügung zu stellen.